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Außergewöhnliche Sitzung zum Thema illegale Bauten

Am vergangenen Freitag fand eine außerordentliche Versammlung des Rats des Biosphärenreservats von Lanzarote statt, in der Stellung genommen wurde zu den illegalen Bauten. Dabei wurde umfangreiches und professionell aufbereitetes Präsentationsmaterial verwendet, das von der Inselregierung auch im Internet veröffentlicht wurde.

Einen derart offenen Umgang mit Informationen und Dokumentationen zu den brisanten, illegalen Bauprojekten hat es bislang noch nie gegeben. Die komplette Dokumentation steht unter diesem Link als pdf-Datei zur Verfügung.

Der Rat wurde bei der Präsentation von fünf hochkarätigen Experten und Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen unterstützt, schließlich geht es, falls es zu einem Abriss der illegalen Bauten kommt, nicht nur um tonnenweise zu entsorgenden Bauschutt, sondern auch um hohe Entschädigungszahlungen, um die Zukunft von 12% der touristischen Bettenkapazitäten der Insel sowie aller damit verbundenen Arbeitsplätze, und um noch einiges mehr.

Unter den Experten befand sich auch José Antonio Martin Pallino, Richter am Obersten Gerichtshof.

In der Sitzung wurde deutlich, dass es an der Illegalität der Bauten nichts mehr zu rütteln gebe. In jedem Fall sei mindestens gegen den Raumordnungsplan PIOT in seiner Fassung von 1991 und/oder von 2000 verstoßen. In einigen Fällen wurde auch der “Plan Parcial“ missachtet, in dem geregelt ist, was und wie konkret in den Bauzonen gebaut werden darf. In einigen Fällen lag auch ein Verstoß gegen die Normen zur touristischen Nutzung vor. Einige Bauprojekte haben gegen sämtliche dieser Rahmenbedingungen und Vorgaben verstoßen, weshalb jeder Fall auch weiterhin gesondert zu betrachten und zu bewerten sei.

Der Richter des Obersten Gerichtshofs verdeutlichte, dass es vor diesem Hintergrund nicht mehr möglich sei, auf normalem Rechtsweg eine Legalisierung herbei zu führen. Lediglich der außerordentliche Rechtsweg eröffne noch die Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung der Raumordnungs- und anderer Pläne, dafür müsse jedoch eine entsprechende Kompensation im öffentlichen Interesse erfolgen.

Insgesamt wurde durch die Veranstaltung jenen der Rücken gestärkt, die sich bei ihren bisherigen Aktivitäten gegen die illegalen Machenschaften eher Feinde als Freunde auf der Insel gemacht hatten, was auch in den Reaktionen der Sprecher von Parteien, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Interessengruppen deutlich wurde. Dazu zählen insbesondere die FCM Fundación Cesar Manrique, Carlos Espino (PSOE), der letztendlich dafür sorgte, dass die Skandale landes- und europaweit publik wurden, sowie die Umweltschützer.

Carlos Espino betonte, dass die illegalen Hotels nicht aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstanden seien sondern im Rahmen organisierter Handlungen, und damit Rechtsstaat und Demokratie sowie der Glaubwürdigkeit der Institutionen großer Schaden zugefügt wurden. In diesem Zusammenhang äußerte er sich verwundert darüber, dass die Staatsanwaltschaft bislang noch gar nicht eingeschaltet wurde. Für eine dringende Einschaltung der Staatsanwaltschaft sprach sich auch die FCM Fundación Cesar Manrique aus, sowie der Umweltschutzverband El Guincho.

Die Gewerkschaften erwarten spezielle Programme, um jene aufzufangen, die im Falle von Stilllegung und Abriss ihre Arbeitsplätze verlieren werden.

Der Sprecher der PP befürchtete, dass nun ein Marktplatz für Entschädigungszahlungen entstehen werde.

Der Sprecher der CC fragte, wie denn wohl das öffentliche Interesse zu bewerten sei und setzt dabei auf Konsens.

Der Sprecher der betroffenen Hotels drückte die Erwartung aus, dass sich alles im Sinne der Hoteliers auch rechtlich noch hinbiegen lässt und hierfür das kanarische Parlament diejenige Einrichtung sei, die darüber zu befinden habe, schließlich würden die Hotels auf Bauland stehen.


Kommentar: Insgesamt zeichnet sich auf der Insel mittlerweile ein Trend ab, doch lieber die Justiz und nicht mehr die Politik entscheiden zu lassen.

Nun ist eine Art Kreativwettbewerb ausgebrochen unter dem Motto: Wie und wo (er-)finde ich öffentliches Interesse, um Illegales zu kompensieren und nachträglich zu legalisieren?

Den ersten Vorschlag gibt es bereits; und zwar ausgerechnet von der Abteilung der Inselregierung, die für den Raumordnungsplan PIOT zuständig ist: Demnach sollen die illegalen Hotels ihre Bettenzahlen reduzieren, die Qualität der Übernachtungsplätze erhöhen und die Freizeitangebote ausweiten und verbessern.

Ob sich dieser Vorschlag durchsetzen lässt, der letztendlich bedeutet, dass die Hotels selbst zu Einrichtungen öffentlichen Interesses erklärt werden, wird sich noch zeigen. Mit Spannung warten wir weitere Vorschläge ab. Tendenziell wird die positive Korrelation unterstellt, dass öffentliches Interesse umso größer ist, je teurer der Abriss. Vielleicht kommt Lanzarote nun doch noch zu weiteren und dringend benötigten Ausbildungsstätten, Altersheimen und anderen staatlichen und sozialen Einrichtungen. Zu befürchten ist jedoch, dass wir uns viele Jahre gedulden müssen, bis es zu Entscheidungen, Bestrafungen, Abrissen sowie Kompensationen im öffentlichen Interesse kommt.

Und das allerletzte Wort wird in einigen Fällen vielleicht die Küstenschutzbehörde Costas haben. Allerdings hält sich diese zur Zeit ziemlich bedeckt. Dabei stehen einige der betroffenen Bauten im Gebiet, bei dem das Sagen die Küstenschutzbehörde hat, die wiederum im öffentlichen Interesse agiert.